Antrag auf Kindergeld unbedingt rechtzeitig stellen

 

Das Kindergeld ist im Einkommensteuergesetz geregelt und unterliegt daher den im Steuerrecht geltenden Grundsätzen. Das darüber hinaus bestehende sozialrechtliche Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz hat an praktischer Bedeutung verloren.

Zentrale Vorschrift zur Regelung des Familienlastenausgleichs ist § 31 EStG. Danach wird die steuerliche Entlastung für das Existenzminimum von Kindern im gesamten Veranlagungszeitraum durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von 2.394 Euro (Kinderfreibetrag) und in Höhe von 1.320 Euro (Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf) oder durch das Kindergeld nach dem EStG bewirkt. Bei Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die genannten Beträge. Im laufenden Kalenderjahr wird Kindergeld als Steuervergütung in Höhe von zurzeit monatlich 194 Euro für das erste und zweite Kind, 200 Euro für das dritte Kind und 225 Euro für das vierte und jedes weitere Kind gezahlt.

Wird die aufgrund der Höhe des zu versteuernden Einkommens gebotene steuerliche Entlastung für den gesamten Veranlagungszeitraum durch den Kindergeldanspruch nicht vollständig erreicht, sind die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG vom Einkommen abzuziehen.

Ist der Abzug der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG günstiger als der Anspruch auf Kindergeld, erhöht sich die tarifliche Einkommensteuer, die sich unter Berücksichtigung des Abzugs der Freibeträge für Kinder ergibt, um den Anspruch auf Kindergeld.

Damit wird bei der Vergleichsberechnung grundsätzlich der Anspruch auf Kindergeld und nicht das tatsächlich gezahlte Kindergeld der Einkommensteuerminderung wegen des Abzugs der Freibeträge für Kinder gegenübergestellt. Folgerichtig wird gem. § 2 Abs. 6 Satz 3 EStG, wenn die Freibeträge für Kinder günstiger sind als der Anspruch auf Kindergeld, der Betrag in Höhe des Kindergeldanspruchs der tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet.

Wurde Kindergeld tatsächlich nicht in Höhe des Anspruchs bezahlt, wird trotzdem der Anspruchsbetrag der Einkommensteuer hinzugerechnet.

Beispiel:

Die Eheleute Troy haben einen gemeinsamen Sohn Daniel (geb. am 28.02.1998). Daniel hat mit Ablauf des Juni 2017 seine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel beendet. Bis einschließlich Januar 2018 war er in seinem Ausbildungsbetrieb in Vollzeit weiter beschäftigt. In der Zeit vom 05.02.2018 bis 03.08.2018 wird Daniel ein 25-wöchiges berufsorientiertes Auslandspraktikum in Bournemouth (England), absolvieren. Mit Bescheid vom 26.07.2017 wurde die Kindergeldfestsetzung gem. § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben. Seit Juli 2017 wird kein Kindergeld mehr ausgezahlt. Vom 06.08.2018 bis voraussichtlich Ende Juli 2019 wird Daniel an der Fachoberschule seine Fachhochschulreife erwerben. Ein erneuter Kindergeldantrag wurde bisher nicht gestellt.

Achtung:

Seit dem 01.01.2018 kann Kindergeld gem. § 66 Abs. 3 EStG lediglich für sechs Monate rückwirkend beantragt werden. Die Regelung ist auf Anträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 eingehen. Insbesondere bei erwachsenen Kindern zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr sollte bereits dann ein Antrag bei der Familienkasse gestellt werden, wenn die Kindergeldgewährung möglich erscheint. Fehlen noch Unterlagen, können diese nachgereicht werden.

Tipp:

Um sicherzustellen, dass Familie Troy kein Kindergeld „verschenkt“, muss bis spätestens Ende August 2018 ein Antrag auf Kindergeld gestellt werden. Für den Fall, dass der Antrag nicht rechtzeitig gestellt wird, geht unwiderruflich Kindergeld verloren. Ob ein Kindergeldanspruch besteht, hat das Finanzamt ohne Bindung an den Inhalt eines Kindergeldablehnungsbescheides selbstständig zu prüfen.[1]

Hinweis:

§ 66 Abs. 3 EStG betrifft nur das Erhebungsverfahren, nicht jedoch das Festsetzungsverfahren. Eine Festsetzung von Kindergeld für Zeiträume die über den Sechs-Monats-Zeitraum zurückreichen, soll jedoch nur erfolgen, wenn die Familienkasse das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch auf Kindergeld ohne weitere Sachverhaltsaufklärung feststellen kann oder bei erkennbarem Interesse des Berechtigten. Ein berechtigtes Interesse besteht z.B. dann, wenn ein Beamter als Teil seiner Beamtenbesoldung einen Familienzuschlag erhält, dessen Höhe von der Anzahl der Kinder abhängig ist oder der Kindergeldberechtigte auch einen Anspruch für jüngere Zählkinder hat. Die Auszahlung erfolgt jedoch unabhängig von der Festsetzung nur für die letzten sechs Monate.[2]

 

 

 


[1] BFH-Urteil vom 20.12.2012, III R 29/12, BFH/NV 2013 S. 723

[2] Bundeszentralamt für Steuern, St II 2 – S-2474 – PB / 17 / 00001, Schreiben vom 25.12.2017

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