Auch wertvolle übliche Gelegenheitsgeschenke können nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbstG von der Erbschaftsteuer befreit sein

Praxistipp

Auch wertvolle übliche Gelegenheitsgeschenke können nach § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbstG von der Erbschaftsteuer befreit sein

Die Schwierigkeit in der Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG besteht darin, dass keine hinreichend gesicherte, subsumtionsfähige Definition existiert. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass ein Gelegenheitsgeschenk eine anlassbezogene Aufmerksamkeit darstellt, die keine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Freigiebigkeit in sich trägt und bei der nicht die Bereicherung des Beschenkten im Mittelpunkt steht, sondern vielmehr eine Zuwendung, mit der man als Schenker dem Beschenkten einem konkreten Anlass folgend einfach etwas Gutes zuteilwerden lassen möchte.

Dabei handelt es sich grundsätzlich um ein übliches Gelegenheitsgeschenk, wenn drei Voraussetzungen zwingend erfüllt sind:

  1. es liegt ein entsprechender Anlass (Gelegenheit) vor,
  2. das Gelegenheitsgeschenk ist der Art nach üblich und
  3. der Wert des Gelegenheitsgeschenkes befindet sich im Rahmen des Üblichen[1]

Als mögliche Anlässe kommen sowohl regelmäßige wiederkehrende Ereignisse wie Geburtstage, Weihnachten, Hochzeitstage als auch einmalige Ereignisse wie Taufe, Kommunion oder Konfirmation, Abitur oder andere Schulabschlüsse, „Volljährigkeit“, Examen, Hochzeit etc. in Betracht. Ihrer Art nach sind grundsätzlich alle Geld- und Sachgeschenke üblich. Der Wert ist nach den jeweiligen Verhältnissen des Beschenkten zu beurteilen und richtet sich individuell nach seinen Verwandtschafts-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Dabei leitet sich die Üblichkeit eines Geschenkes aus den Lebensgewohnheiten der jeweiligen Bevölkerungsschichten ab.

Als objektivierendes Element kommt es auf die allgemeine Anschauung in der Bevölkerung an, die allerdings einem ständigen Wandel unterliegt. In Zeiten, in denen vor allem viele junge Leute nicht in einer ehelichen Gemeinschaft, sondern nur in eheähnlichen Lebensgemeinschaften zusammenleben, wird es nicht mehr nur auf die verwandtschaftliche Nähe, sondern zunehmend mehr auch auf die persönliche Nähe der Beteiligten ankommen.[2]

Die Grenze wird bei solchen Gegenständen überschritten, die, wie z.B. Grundstücke, Grundstücksteile oder Betriebsvermögen üblicherweise im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen werden.[3]

In einer Entscheidung des Finanzgericht Köln[4] wird klargestellt, dass eine Schenkung von 34% des Gesamtvermögens an die Nichte und deren Ehemann den Rahmen der Üblichkeit verlässt, weil sie die in der Kommentarliteratur vorgeschlagene Höchstgrenze von 0,5 bis 1,0 % des Schenkervermögens um ein Vielfaches übersteigt.

Folgt man jedoch der in der Literatur vertretenen Auffassung und unterstellt eine bis zu einer Höchstgrenze gedeckelten, an das Gesamtvermögen gekoppelte, freigiebige übliche Zuwendung in Höhe von 0,5 bis 1,0 % des Gesamtvermögens, lassen sich hierbei erhebliche steuerliche Vorteile erzielen, wenn man die Möglichkeiten des § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG vollständig ausschöpft.

Andererseits dürfen sich Schenker und Beschenkter auch bei Schenkungen unterhalb der genannten Prozentsätze nicht in Sicherheit wähnen. In der Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts wurde eine Geldschenkung der Mutter an die Tochter zu Weihnachten in Höhe von 80.000 DM (0,24% des Gesamtvermögens) und eine Schenkung eines Pkw im Wert von 74.000 DM (0,22%) ebenfalls zu Weihnachten als unüblich eingestuft, weil nach Auffassung des Hessischen Senates selbst bei großem Wohlstand eine Grenze bestehe, die sich aus der allgemeinen Verkehrsanschauung über die Üblichkeit von Geschenken herleitet, wonach der Grundsatz der relativen Betrachtungsweise nicht „auf die Spitze getrieben“ werden darf. Gleichzeitig teilt der Senat die in der Literatur vertretene Auffassung, dass es nach heutigen Verhältnissen nicht unüblich ist, bei besonderen Anlässen, zum Beispiel zum Abitur oder zum bestandenen Examen, zu einem runden Geburtstag oder zur Hochzeit auch einen Pkw der unteren oder der mittleren Preisklasse zu verschenken. Ein solcher „besonderer“ Anlass ist aber bei den jährlich wiederkehrenden Weihnachtsgeschenken gerade nicht gegeben.

Tipp:

Aufgrund der geringen schenkungssteuerlichen Freibeträge für Fremde bzw. entferntere Verwandte (Nichte und Neffe) könnten ein übliches oder mehrere übliche Gelegenheitsgeschenke ein adäquates Mittel zur schenkungssteuerfreien Übertragung von Geld- oder Sachvermögen darstellen. Dabei ist bei der Einstufung der Üblichkeit zu berücksichtigen, um welchen Anlass es sich konkret handelt. Ein runder Geburtstag oder eine Hochzeit bieten hinsichtlich der Höhe der Schenkung sicherlich mehr Spielraum als ein Geschenk zum Osterfest.

Eine steuerfreie Zuwendung für übliche Gelegenheitsgeschenke wird nicht mit späteren Zuwendungen nach § 14 ErbStG zusammengerechnet, die Freibeträge bleiben unverbraucht. Um Rechtssicherheit zu erlangen, sollten Schenker und Beschenkter dem zuständigen Finanzamt die Schenkung anzeigen. Zusammen mit der Anzeige sollte ein Antrag auf Bestätigung gestellt werden, dass das jeweilige Gelegenheitsgeschenk als steuerfrei zu behandeln ist.

 


[1] Vgl. Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 24.02.2005, 1-K-3480/03, EFG-2005-1146

[2] Vgl. Viskorf/Viskorf, ErbStG § 13 Rz 145, Stand: 14.01.2021

[3] Vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG § 13 Rz 167

[4] Vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 08.05.2001, 9-K-4175/99, EFG-2001-1154

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