Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1
SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem
Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen
frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich nach dem Gesamtbild
der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Das Gesamtbild
bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem
Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung
zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt
sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt.[1]
Gesellschafter-Geschäftsführer sind aufgrund ihrer Kapitalbeteiligung nur dann selbstständig tätig, wenn sie mindestens 50% der Anteile am Stammkapital halten oder ihnen bei geringerer Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag(Satzung) eine „echte“/“qualifizierte“ Sperrminorität eingeräumt ist. Eine „echte“/“qualifizierte“ oder auch umfassende Sperrminorität setzt voraus, dass sie nicht auf bestimmte Angelegenheiten der Gesellschaft beschränkt ist, sondern uneingeschränkt die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasst. Eine außerhalb der Satzung zustande gekommene, das Stimmverhalten regelnde Vereinbarung ist bei der Bewertung der Rechtsmachtverhältnisse nicht zu berücksichtigen. Der 12. Senat hat die frühere sog. „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben.[2]
Hinweis:
Danach ist bei einem mitarbeitenden Gesellschafter ohne Geschäftsführungsfunktion und einem Kapitalanteil von 50% oder kleiner grundsätzlich von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, wenn Beschlüsse der Gesellschafter gem. § 47 Abs. 1 GmbHG nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden und sich das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters nach der Höhe seiner Geschäftsanteile richtet.
Unabdingbare Voraussetzung für eine sozialversicherungsfreie Beschäftigung bei Beteiligung eines Gesellschafters mit einem Anteil am Stammkapital der Gesellschaft von 50% oder weniger ist daher in jedem Fall die Berufung zum Geschäftsführer.
Tipp:
Räumen Sie dem Minderheitsgesellschafter im Gesellschaftsvertrag eine umfassendeSperrminorität ein, wonach Beschlüsse seiner Zustimmung bedürfen. Nur so kann er wirksam ihm unliebsame Entscheidungen verhindern. Eine umfassende oder auch „echte“ Sperrminorität führt zur Sozialversicherungsfreiheit der Vergütung des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers.
Wichtig:
Um Rechtssicherheit zu erlangen, ob eine sozialversicherungsfreie oder –pflichtige Beschäftigung vorliegt, sollte in jedem Fall eine Statusprüfung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund veranlasst werden.
Bei rechtzeitiger Antragstellung innerhalb eines Monats nach Beschäftigungsaufnahme ist bis zur Entscheidung der zuständigen Stellen sichergestellt, dass es bei der vorläufigen Einschätzung der Sozialversicherungsfreiheit verbleibt, wenn der Beschäftigte dem späteren Beginn der Sozialversicherungspflicht nach Bekanntgabe der Statusentscheidung der Clearingstelle zustimmt und der Beschäftigte für den fraglichen Zeitraum eine private Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die mit den gesetzlichen Leistungsansprüchen vergleichbar ist.
[1] Vgl. Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 08.11.2017, Anlage 3, S. 4
[2] Vgl. BSG Urteile vom 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, NZS-2018-1322, GmbH-RdSch-2018-0903 sowie B 12 R 5/16 R, NZS-2018-0670