Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Kinder können steuerlich bei den Eltern zu berücksichtigen sein

Bereits seit dem Kalenderjahr 2010 können Beiträge zur sogenannten Basiskranken-versicherung in voller Höhe als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG steuerlich berücksichtigt werden. Dabei versteht man unter Basisversicherung eine Absicherung der Leistungen auf dem Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung ohne Krankengeldversicherung, mit der Folge, dass Pflichtversicherungsbeiträge in eine gesetzliche Krankenversicherung – wie die AOK oder DAK – zu einem Anteil in Höhe von 96% steuerlich abzugsfähig sind. Die Beiträge an die Krankenkasse werden lt. Gesetz um 4% gekürzt, wenn sich daraus ein Anspruch auf Krankengeld ergibt.

Kinder in Berufsausbildung – also Auszubildende, Referendare und Beamtenanwärter – sind regelmäßig in der Kranken- und Pflegeversicherung als Versicherungsnehmer pflichtversichert. Die Beiträge behält der Arbeitgeber vom Arbeitslohn ein und führt sie an die entsprechenden Krankenkassen ab. Obwohl die Eltern „augenscheinlich“ wirtschaftlich nicht belastet sind, können diese Beiträge unter gewissen Voraussetzungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG als Sonderausgaben der Eltern zu berücksichtigen sein.

Beispiel:

Die Auszubildende Lea Horn hat im Kalenderjahr 2019 eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 9.520 Euro erhalten. Der Arbeitgeber bescheinigt im Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 733,04 Euro und Arbeitnehmerbeiträge zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 145,18 Euro. Lea Horn wohnt bei ihren Eltern. Sie erhält freie Kost und Logis.

Unter Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages in Höhe von 1.000 Euro verbleibt das zu versteuernde Einkommen nachweislich unter dem Existenzminimum in Höhe von 9.168 Euro. Da sich die Beiträge bei Lea nicht steuermindernd auswirken, können die Beiträge in Höhe von insgesamt 848,90 Euro (733,04 Euro x 96% + 145,18 Euro) als Vorsorgeaufwendungen in der Einkommensteuererklärung der Eltern deklariert werden.

Tipp:

§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG bestimmt, dass Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Kinder als eigene Beiträge der Eltern behandelt werden können, wenn die Eltern die Beiträge des Kindes, für das ein Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld besteht, durch Leistungen in Form von Bar- oder Sachunterhalt wirtschaftlich getragen haben, unabhängig von Einkünften oder Bezügen des Kindes.

Entgegen der Auffassung des BFH[1], wonach für eine Berücksichtigung der Beiträge bei den Eltern unter anderem eine Erstattung der Beiträge an die Kinder im Wege des Barunterhalts erforderlich ist und eine grundsätzliche Unterhaltsbedürftigkeit von volljährigen Kindern in Ausbildung im Einzelfall nachzuweisen ist, können nach Maßgabe des BMF[2] die Beiträge zur Basisabsicherung grundsätzlich bei der Veranlagung des wirtschaftlich belasteten Versicherungsnehmers (Beitragsschuldner) als Sonderausgaben berücksichtigt werden, unabhängig davon, wer die versicherte Person ist. In den Fällen des § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG können sie abweichend aber auch vom Unterhaltsverpflichteten geltend gemacht werden, wenn dieser die eigenen Beiträge eines Kindes, für das ein Anspruch auf einen Kinderfreibetrag oder auf Kindergeld besteht, wirtschaftlich getragen hat. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Beiträge in Form von Bar- oder Sachunterhaltsleistungen getragen wurden. Die Beiträge können sogar zwischen den Eltern und dem Kind aufgeteilt, im Ergebnis aber nur einmal – entweder bei den Eltern oder beim Kind – als Vorsorgeaufwendungen berücksichtigt werden (Grundsatz der Einmalberücksichtigung).

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist das BFH-Urteil daher lediglich in Bezug auf die in der Entscheidung aufgestellten Grundsätze allgemein anzuwenden, nicht aber bezüglich der laut Urteilsbegründung enger ausgestalteten Anforderungen zur Umsetzung dieser Grundsätze (tatsächliche Zahlung der Beiträge und Unterhaltsbedürftigkeit).

Hinweis:

Unabhängig von der aktuellen Auffassung der Finanzverwaltung, die die Rechtsprechung des BFH im positiven Sinn konterkariert, ist dem steuerlichen Berater anzuraten, die Mandantschaft aufzuklären und darauf hinzuwirken, dass eine Erstattung der Beiträge zur Basisabsicherung an die Kinder auch tatsächlich erfolgt, da die Finanzgerichte rechtlich nicht an das BMF-Schreiben gebunden sind.

 


[1] Vgl. BFH-Urteil vom 13.03.2018, X R 25/15, BStBl-2019-II-0191

[2] Vgl. BMF-Schreiben vom 03.04.2019, IV C 3 – 2221/10/10005, BStBl-2019-I-0254 i. V. mit BMF-Schreiben vom 24.05.2017, Rz. 81, IV C 3 – 2221/16/10001, BStBl-2017-I-0820

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