Die Antwort auf die Frage, wer Steuerschuldner bei der Umsatzsteuer ist und folglich die Steuer beim örtlich zuständigen Finanzamt anzumelden und abzuführen hat, ist in der Vorschrift des § 13a UStG geregelt. Nach der Grundvorschrift des § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ist Steuerschuldner für steuerbare Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Unternehmer, der den jeweiligen Umsatz ausgeführt hat.
Die Steuerschuld bei Bauleistungen, einschließlich Werklieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen geht gem. § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG auf den Leistungsempfänger über. In diesem Fall schuldet der Leistungsempfänger die Steuer unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Leistung im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG verwendet, wenn er ein Unternehmer ist, der nachhaltig entsprechende Leistungen erbringt.
Von einer Nachhaltigkeit ist auszugehen, wenn dem Unternehmer das zuständige Finanzamt eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, die nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder zurückgenommen werden kann, darüber erteilt hat, dass er ein Unternehmer ist, der entsprechende Leistungen erbringt.
Der Leistungsempfänger wird damit zum Steuerschuldner und ist verpflichtet, die Umsatzsteuer – unabhängig von einer Rechnung – anzumelden, und ist grundsätzlich berechtigt, die angemeldete Steuer gem. § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG – ebenfalls unabhängig von einer Rechnung – als Vorsteuer abzuziehen.
Der leistende Unternehmer ist in den Fällen des Übergangs der Steuerschuld verpflichtet, eine Rechnung zu erteilen. In der von ihm ausgestellten Rechnung darf keine Steuer ausgewiesen werden, andernfalls schuldet der leistende Unternehmer die zu Unrecht ausgewiesene Steuer gem. § 14c Abs. 1 UStG. In der Rechnung muss gem. § 14a Abs. 5 UStG auf den Übergang der Steuerschuld hingewiesen werden. Fehlt die Angabe in der Rechnung, wird der Leistungsempfänger nicht von der Steuerschuldnerschaft entbunden.[1]
Beispiel:
Der zum Vorsteuerabzug berechtigte Handwerker H bezieht von seinem Subunternehmer S Bauleistungen. S rechnet unter Ausweis der Umsatzsteuer in Höhe von 16% ab. Die ausgewiesene Umsatzsteuer macht H in seiner Umsatzsteuervoranmeldung als Vorsteuer geltend. Die bezogenen Leistungen fallen in den Anwendungsbereich des § 13b Abs. 2 Nr. 4 i. V. mit § 13b Abs. 5 S. 2 UStG.
S schuldet als leistender Unternehmer die unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG. H hat als Leistungsempfänger die Besteuerung nach § 13b UStG durchzuführen.
Tipp:
Leistungsempfänger sollten die Leistungserbringer im eigenen Interesse rechtzeitig darauf hinweisen, dass sie zum Personenkreis des § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG gehören.
Wenn der Hinweis wie im Beispiel versäumt wurde, läuft der Leistungsempfänger Gefahr, die Umsatzsteuer zum einen an den leistenden Unternehmer und zum anderen zusätzlich als eigene Steuerschuld an das Finanzamt entrichten zu müssen. Die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer kann der Leistungsempfänger als gesetzlich nicht geschuldete Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen.[2]
Leider greift die Vereinfachungsregelung des § 13b Abs. 5 Satz 7 UStG bei einem Irrtum über die subjektiven Tatbestandsmerkmale (beteiligte Unternehmer) nicht,[3]weshalb aus Beratersicht dringend auf eine Berichtigung der Rechnungen gedrängt werden sollte, da ansonsten eine Verzinsung nach § 233a AO droht.
Für alle Fälle, in denen bereits Zinsen durch das Finanzamt festgesetzt worden sind, ist auf ein aktuelles Urteil des BFH[4] hinzuweisen. Der BFH urteilte, dass im Fall eines Rechtsirrtums über die Person des Steuerschuldners ein Erlass von Nachzahlungszinsen im Billigkeitswege zu erfolgen hat, wenn kein Steuerschaden entstanden ist.
Gehen nämlich der Leistende und Leistungsempfänger rechtsfehlerhaft davon aus, dass der Leistende Steuerschuldner ist, obwohl der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 13b UStG), sind die sich aus der Versagung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger entstehenden Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen zu erlassen, wenn das FA die für die Leistung geschuldete Steuer vom vermeintlichen statt vom wirklichen Steuerschuldner vereinnahmt hatte, der Leistende seine Rechnungen mit Steuerausweis berichtigt und den sich hieraus ergebenden Vergütungsanspruch an den Leistungsempfänger abtritt.
[1] Vgl. Abschn. 13b.14 Abs. 1 Satz 4 UStAE
[2] Vgl. Abschn. 15.2 Abs. 1 Satz 2 UStAE
[3] Vgl. Abschn. 13b.8 Abs. 2 UStAE
[4] Vgl. BFH-Urteil vom 26.09.2019, V R 13/18, BFH/NV-2020-0035