Die Pauschbeträge für Sachentnahmen werden auf der Grundlage der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Aufwendungen privater Haushalte für Nahrungsmittel und Getränke festgesetzt. Sie beruhen auf Erfahrungswerten und bieten dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die Warenentnahmen monatlich pauschal zu verbuchen. Sie entbinden ihn damit von der Aufzeichnung einer Vielzahl von Einzelentnahmen.[1]
Die Regelung dient der Vereinfachung und lässt keine Zu- und Abschläge zur Anpassung an die individuellen Verhältnisse (z. B. individuelle persönliche Ess- oder Trinkgewohnheiten, Krankheit oder Urlaub) zu.
Der jeweilige Pauschbetrag stellt einen Jahreswert für eine Person dar. Für Kinder bis zum vollendeten 2. Lebensjahr entfällt der Ansatz eines Pauschbetrages. Bis zum vollendeten 12. Lebensjahr ist die Hälfte des jeweiligen Wertes anzusetzen. Tabakwaren sind in den Pauschbeträgen nicht enthalten. Die pauschalen Werte berücksichtigen im jeweiligen Gewerbezweig das allgemein übliche Warensortiment.
Bei gemischten Betrieben (Fleischerei/Metzgerei oder Bäckerei mit Lebensmittelangebot oder Gasstätten) ist nur der jeweils höhere Pauschbetrag der entsprechenden Gewerbeklasse anzusetzen. Die Pauschbeträge werden jährlich vom Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht.[2]
Richard Rost, verheiratet mit Roswitha und Vater von zwei Kindern (5 Jahre und 10 Jahre) betreibt ein Restaurant in Rosenheim. Warenentnahmen wurden bisher nicht aufgezeichnet. Sein Steuerberater verbucht die Warenentnahmen monatlich auf Grundlage der amtlichen Sachentnahmewerte in Höhe von 420 Euro (2 Personen a` 1.680 Euro und 2 Personen a` 840 Euro = 5.040 Euro / 12) zum ermäßigten Steuersatz und in Höhe von 439,50 Euro (2 Personen a` 1.758 Euro und 2 Personen a` 879 Euro = 5.274 Euro / 12) zum vollen Steuersatz.
Achtung:
Unabhängig davon, ob ein Unternehmen, in dessen Warensortiment tatsächlich nur Waren zum ermäßigten Steuersatz angeboten werden (z. B. Fleischerei), muss der Unternehmer auch den Pauschbetrag für Waren zum vollen Steuersatz ansetzen. Der Ansatz folgt der Überlegung, dass der Warenkorb, der bei der Bestimmung der Pauschbeträge herangezogen wird, nicht nur die gehandelten, sondern auch die verwendeten Waren, deren Beschaffung und Entnahme im Rahmen der betrieblichen Sphäre möglich und üblich ist, beinhaltet.
Entscheidend ist hierbei, welche Grundnahrungsmittel und andere Waren – z.B. Putzmittel, Bürobedarf, Rum oder Wein zur Herstellung von Rohwurst - eingekauft werden können und ob davon auch die Ernährung bzw. Versorgung des Betriebsinhabers und seiner Familie bestritten werden kann.
Die Anwendung der Pauschbeträge war immer wieder Anlass für Rechtsstreitigkeiten. Vor allem im Gastronomiebetrieb erscheinen die Pauschbeträge hoch. Bei einer vierköpfigen Familie (Kinder < 12 Jahre) summieren sich die Werte in 2019 auf insgesamt 10.314 Euro. Bei näherer Betrachtung werden dabei 7,06 Euro (10.314 Euro / 365 Tage / 4) pro Kalendertag zugrunde gelegt. Bei Betrachtung des amtlichen Sachbezugswertes für Verpflegung in Höhe von kalendertäglich 7,70 Euro relativiert sich die Höhe jedoch.
Tipp:
Wenn der Unternehmer seine Sachentnahmen nach amtlichen Sachentnahmewerten versteuert, sollte er in jedem Fall dafür Sorge tragen, dass sämtliche Einkäufe (auch für private Zwecke) in der betrieblichen Sphäre abgebildet werden. Ein Gastronom mit einer breit aufgestellten Speisekarte hat daher alle Einkäufe für Grundnahrungsmittel als Betriebsausgabe zu verbuchen. Gleiches gilt für die oben genannten Waren (Putzmittel, Bürobedarf, ev. Spirituosen).
Ein deutlicher Nachteil bei der Pauschalierung besteht darin, dass keinerlei Spielraum für individuelle Sachverhalte besteht. Es spielt keine Rolle, wenn ein Familienmitglied aus Überzeugung kein Fleisch ist, die Familie grundsätzlich keinen Alkohol trinkt oder die Kinder zwecks Ausbildung nur an den Wochenenden zuhause sind.
Der Pauschalierung kann der Unternehmer nur mit einer Einzelaufzeichnung der Sachentnahmen begegnen. In diesem Fall sollte er natürlich sämtliche Einkäufe für den privaten Bedarf ebenfalls aufzeichnen bzw. durch entsprechende Einkaufsbelege nachweisen können, dass die Familie auch „gelebt“ hat.
Das eine Aufzeichnung von Sachentnahmen im Gastronomiebereich sinnvoll sein kann, zeigt nicht zuletzt die teilweise aggressive Vorgehensweise bei Betriebsprüfungen, in denen trotz höherer Sachentnahmen die Pauschbeträge bei der Ermittlung der Rohgewinnaufschlagsätze zugrunde gelegt werden.
[1] § 148 Satz 1 AO
[2] BMF-Schreiben vom 12.12.2018, IV A 4 – S 1547/13/10001-06